Sollte ich eine Rinderhälfte kaufen?

Der Kauf einer Rinderhälfte (oder eines Rinderviertels) bringt Vorteile und Nachteile mit sich. Wem einzelne Steaks oder Bratenstücke jedoch nicht genügen und wer auch mit den verbreiteten Fleischpaketen zu fünf bis 25 Kilo nicht zufrieden ist, sollte Folgendes beachten.

Wer eine ganze Rinderhälfte kaufen möchte, wendet sich am besten direkt an den Erzeuger. Allerdings ist die Nachfrage nach Rinderhälften aus Weidehaltung verhältnismäßig gering, viele Landwirte sind daher nicht darauf vorbereitet. Wer eine Rinderhälfte kauft, nimmt dem Landwirt oder Fleischer die Arbeit. Deswegen möchte nicht jeder Erzeuger oder Schlachter gerne Rinderhälften verkaufen, denn die Metzgerei ist Teil der Wertschöpfung: An der Rinderhälfte am Stück verdient man nicht so viel wie an einzelnen Steaks (was freilich abhängt von der Preisgestaltung), allerdings spart es die Arbeit zum Verkauf der Einzelteile.

Wer sich das Zerlegen einer Rinderhälfte oder eines Rinderviertels zutraut, kann Geld sparen, viel lernen und die Einzelteile genau nach Wunsch zuschneiden.

Beim Erwerb einer Hälfte von Rind, Lamm, Ziege und Schwein steht eine Frage im Raum – im Kühlraum, um genau zu sein: Wie lange und wo soll das Fleisch abhängen und reifen? Die wenigsten Menschen verfügen über einen eigenen Raum, der sich zur Trockenreife eignet. In den meisten Fällen wird man für das Abhängen des Fleischs auf die Dienste des Erzeugers oder Metzgers zurückgreifen.

Zum Zerlegen benötigt man ausreichend Platz und Möglichkeiten zum Kühlen oder Einfrieren. Beim Einfrieren sollte man dafür sorgen, das Fleisch möglichst schnell herunterzukühlen, damit die Qualität bestmöglich erhalten bleibt. Die Gastronomie nutzt dafür Schockfroster, im Hausgebrauch gibt es als Notbehelf häufig am Gefrierschrank eine Turbotaste.

Unterschätzen sollte man auch nicht den Zeitaufwand: Selbst ein erfahrener Metzger ist mit dem Zerlegen einer Rinderhälfte viele Stunden beschäftigt. Allein das Verpacken der einzelnen Teilstücke und Zuschnitte kann Stunden dauern. Als ich mein erstes Rinderviertel kaufte, war dies bereits weitgehend zugeschnitten und trotzdem haben wir zu zweit rund fünf Stunden zum Portionieren, Verpacken, Vakuumieren und Verstauen des Fleischberges benötigt.

Rinderhälfte kaufen – Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Geldersparnis beim Einkauf der Rinderhälfte.
  • Wissensgewinn und Erlebnis beim Zerlegen.
  • Freie Wahl der Zuschnitte.

Nachteile

  • Hoher Zeitaufwand beim Zerlegen, Portionieren, Verpacken und Verstauen.
  • Meist Abhängigkeit von Kühlraum und Bereitschaft des Metzgers zum Abhängen und Reifen.
  • Bedarf an geeignetem Werkzeug und Ausrüstung.

Warum missverstehen wir uns ständig bei den Teilstücken des Tieres?

Hochrippe, Rostbraten und Hohrücken sind verschiedene Namen für das gleiche Stück Fleisch. Allein im deutschen Sprachraum unterscheiden sich also die Bezeichnungen. Im Ausland kommen Entrecôte, Ribeye und Forerib hinzu. Doch nicht nur die Namen unterscheiden sich; abhängig von der Tradition werden die Teilstücke auch unterschiedlich zugeschnitten. Der Rückenstrang vom Rind ist das beste Beispiel: Wo genau das Roastbeef bzw. die Rump Steaks enden und das Entrecôte beginnt, entscheidet allein der jeweilige Metzger. Spaziert man in Paris durch eine Straße mit mehreren Metzgereien, wird man bei jedem leichte Unterschiede feststellen. In den USA bestehen Unterschiede zwischen Ost- und Westküste durch die Einflüsse unterschiedlicher Nationen in vergangenen Jahrhunderten.

Unklarheiten kann auch das Register der Teilstücke vom Rind auf weidefleisch.org/teilstuecke/ nur zum Teil ausräumen. Ein praktisches Hilfsmittel zur Kommunikation ist ein detailliertes Schnittbild vom Rind (oder dem zur Diskussion stehenden Tier) als Poster. Der Erzeuger sollte sich selbst mit den Stücken vertraut machen. In einigen Fällen gibt es aufgrund der fließenden Übergänge (s.o.) keine richtigen oder falschen Bezeichnungen. In dem Fall sollte der Erzeuger selbst festlegen, wo er die Linie zieht und bei dieser Einteilung bleiben.

Während einige Grillfans eine gute Vorstellung davon haben, was genau sie wollen und wo es sich am Tier befindet, weiß die Mehrheit der Käufer lediglich, was für ein Geschmackserlebnis sie sich wünscht. Es ist Aufgabe des Erzeugers, den Kunden anzuleiten und auch auszubilden. Je mehr der Käufer über den Zuschnitt weiß, desto bessere Entscheidungen kann er beim Kauf treffen. Wenn er bekommt, was er sucht, ist er glücklich – und kommt wieder. Dazu gehört auch, dass der Erzeuger den Kunden ermutigt, Alternativen auszuprobieren; besonders, wenn das gewünschte Stück nicht mehr verfügbar ist. Fragt ein Kunde nach Filet und lässt sich stattdessen vom Flat Iron Steak überzeugen (das zweit-zarteste Stück am Rind mit deutlich stärkerem Aroma als das Filet), könnte er derjenige werden, der sich dieses Juwel künftig stets reservieren lässt.