Diese Beitragsreihe besteht aus Auszügen des neuen Buchs Weidefleisch – Handbuch für Erzeuger und Verbraucher, das im Januar 2022 unter der ISBN 978-3755781868 überall im Handel erschienen ist (auch bei Amazon und BoD). Im Beitrag finden Sie oben einen Player zum weidefleisch.org-Podcast, in dem das Buch episodenweise als Hörbuch zur Verfügung steht.

Konkurrenz

Konkurrenz eines jeden Weideviehwirts oder Weidefleisch-Direktvermarkters sind nicht andere Weidefleisch-Erzeuger. Im Gegenteil: Das sind Partner. Wenn das Ziel lautet, möglichst viele Tiere in die Freiheit der Weide zu bringen, kann niemand Konkurrent sein, der genau das tut.

Konkurrent ist hingegen die konventionelle Viehhaltung: Mastbullen im Stall.

Arbeiten wir zusammen und teilen Wissen und Erfahrungen, verbessern wir jeden Aspekt dieser Arbeit und des Ergebnisses. Wir sollten die Qualität sichern. Das dient der Sache. Früher haben sich Gilden um solche Dinge gekümmert: Wer wuchert oder Schrott erzeugt, bekommt eins auf die Mütze.

Muss ich jetzt ins Internet?

Das Internet kann dabei helfen, Dinge zu finden und Menschen zusammenzubringen. Daher kann dieses Netzwerk für Direktvermarkter ein nützliches Werkzeug sein. Es ist jedoch nicht obligatorisch. Nicht jeder Mensch hantiert gerne mit dem Internet, nicht jeder fühlt sich dort wohl und nicht jeder hat die Kapazitäten, sich auch noch um die Darstellung in diesem Medium zu kümmern. Unzählige Direktvermarkter kommen bis heute ohne das Internet aus. Der Grund dafür liegt im Prinzip: Es heißt Direktvermarktung. Direktvermarktung bedeutet einen Kontakt von Mensch zu Mensch. Das Internet kann bei der Anbahnung solcher Kontakte (s.a. Abschnitt Partnersuche) helfen, doch von Bedeutung ist langfristig nur der Kontakt und das damit zusammenhängende Erlebnis.

Ein gut betreuter Auftritt im Internet und vielleicht auch in den sozialen Medien kann dem Geschäft dienen. Allerdings verschwinden hier schnell hohe Beträge, die sich häufig nicht auszahlen. Selbst, wer seine Internetgeschäfte als Direktvermarkter ganz allein erledigt, muss wenigstens Zeit und geistige Ressourcen investieren, die dann an anderer Stelle fehlen. Diese Investition sollte man demnach genau überdenken und mit den Zielen des Betriebs abgleichen. Wer fünf Tiere im Jahr vermarktet, benötigt in der Regel keinen Online-Shop. Eine Anzeige bei Portalen wie eBay-Kleinanzeigen bringt oft mehr Erfolg als die hofeigene Internetseite.

Entscheidet der Betrieb sich für eine Internetseite, sollte diese regelmäßig gepflegt werden, wie ein Aushängeschild. Folgende Informationen haben sich als wesentlich erwiesen:

  • Adresse und telefonische Erreichbarkeit (Öffnungszeiten)
  • Die Haltungsbedingungen der Tiere
  • Eine Preisliste
  • Etwaige Termine für kommende Schlachtungen
  • Produktinformationen wie die Art der Einheiten (Pakete oder Einzelstücke, Bedingungen bei der Abholung, etwaige Verpackung etc.)

weidefleisch.org kostenlos nutzen

Auf weidefleisch.org suchen ständig interessierte Käufer nach Anbietern in ihrer Region. Weidefleisch-Erzeuger können sich dort kostenlos in die Liste der Weidefleisch-Anbieter aufnehmen lassen und so ihre Reichweite und Auffindbarkeit erhöhen.

Ist ein Online-Shop sinnvoll für die Vermarktung von Weidefleisch?

Der Aufbau eines Online-Shops ist mit viel Arbeit verbunden. Ganz abgesehen von den technischen Arbeiten für das Shopsystem selbst entsteht ein dauernder Aufwand für die Pflege: Appetitliche und zugleich realistische Fotos, treffende Produktbeschreibungen und eine fortwährende rechtliche Betreuung, um kein Opfer einer Abmahnung zu werden. Die Gesetzeslage ändert sich häufig und der Online-Shop verlangt ständige Anpassung auch um mit dem technischen Wandel der Zeit mitzuhalten.

Obendrein ist gerade bei einem Erzeugnis wie Fleisch der Aufwand für den Versand besonders hoch. Die Ware erfordert einen gekühlten Transport und eine garantierte Zustellung innerhalb eines kurzen Zeitfensters. Jede Panne beim Transportdienst, jeder Streik im Paketzentrum kann zum Verderben des Paketinhalts führen. Kaum einem Kunden möchte man Ware zumuten, die „wahrscheinlich“ noch gut ist, obwohl sie eigentlich zu lange unterwegs war.

Von diesen Herausforderungen abgesehen widerspricht der Versand von Weidefleisch auch dem zugrundeliegenden Prinzip. Die Stärke des Weidefleisch liegt in der Regionalität und in dem Zugewinn, den es seiner Heimatregion unter anderem durch die Wertschöpfungskette bringt. Es ist der beste Ausweg aus einer absurden Situation, in der ein Münchener ein Stück Fleisch aus Mecklenburg-Vorpommern bestellt, während ein Berliner sich Steaks von der gleichen Tierrasse auf einer Alm kommen lässt.

Wer besonders den juristischen Aufwand des eigenen Online-Shops nicht scheut, der könnte das Versandproblem umgehen, indem er nur Bestellungen innerhalb eines klar definierten Radius zulässt und dann selbst in der Heimatregion liefert. Das Lieferfahrzeug könnte die Bestellungen einmal pro Woche zustellen und dies vielleicht mit einer Fahrt zum Wochenmarkt kombinieren.

Noch geringer ist der Aufwand, wenn man auf seiner Internetseite lediglich die Produkte beschreibt, den Verkauf jedoch persönlich und nicht über das Internet abwickelt. Das vereinfacht die juristischen Anforderungen deutlich. Dies ist ein sinnvoller Ansatz sowohl für jene Landwirte, welche die Ware selbst zustellen wollen als auch für solche, die nur mit Selbstabholern (auch in einem Hofladen) handeln.

Auch die (Vor-)Bestellung und Reservierung von Produkten wäre auf diesem Weg einfach umsetzbar, solange die Kaufabwicklung nicht über das Internet stattfindet.

Herausforderungen in der Vermarktung: Fleischpakete attraktiver gestalten.

Filets und Rumpsteaks kann jeder verkaufen. Schwieriger ist, die übrigen Teile an den Mann zu bringen. Ein 10-kg-Paket aus nur Braten, Rouladen und Hackfleisch mögen viele Kunden nicht kaufen. Daher stecken viele Erzeuger in jedes Paket ein oder zwei Steaks; eben so viele, wie der Schlachtkörper anteilig hergibt.

Viele Feinschmecker würden gerne nur die Steaks kaufen. Dadurch würden jedoch Steaks für die Fleischpakete fehlen, die sich dann nur noch schlecht vermarkten lassen.

Umgekehrt gibt es durchaus Kunden, die sich wirklich nur für (günstigere) Fleischpakete mit Braten und Hackfleisch interessieren. Das sind häufig solche, die zwar in den Genuss des Weidefleisch kommen, jedoch nicht so viel Geld dafür ausgeben können oder wollen oder jene, denen diese Stücke einfach am besten schmecken.

Mein Vorschlag: Fleischpakete ohne Steaks anbieten und die Steaks separat als Option gegen Aufpreis (ggfs zum Vorzugspreis) zur Verfügung stellen. Man kann zunächst kein einzelnes Steak kaufen, sondern muss ein Fleischpaket abnehmen. Sollten nach dem Verkauf der Fleischpakete noch Steaks übrig sein, lassen diese sich einfach verkaufen – zum Normalpreis.

Weitere Attraktivität können Fleischpakete nach Interessengruppen bringen: Steaks und andere fürs Kurzbraten geeignete Stücke als Grillpakete; oder jene Zuschnitte, die sich besser fürs Schmoren eignen. Viele Abnehmer ziehen die Zubereitung im Topf über lange Zeit vor. Für so jemanden ist ein Dutch-Oven-Paket ein ideales Angebot.

Hier kommen wieder Kultur und Gemeinschaftsgefühl ins Spiel: Grill- und auch Dutch-Oven-Fans bilden oft kleine Gemeinschaften und geben ihre Rezepte weiter. Wer sich hier als Erzeuger einklinkt und einen Mehrwert in die Gemeinde bringt, kann langfristige Beziehungen knüpfen. Regelmäßige Workshops oder Seminare zum Grillen oder Umgang mit dem Fleisch bei der Zubereitung im Gusseisentopf (Dutch Oven) sind ein idealer Weg, seine Kunden besser kennenzulernen und ihnen zugleich zu helfen, das eigene Produkt besser zu ihrem eigenen Nutzen zu verwenden.

Komfort ist wichtig oder: Wie man mit einem Stift und ein paar Tüten 1000 Euro verdient

Komfort ist bei jedem Kauf ein Argument, so auch beim Weidefleisch. Man kann das Fleisch in Wannen abholen und dann noch vier bis acht Stunden in der Küche stehen und zuschneiden, verpacken und vielleicht vakuumieren. Einige wenige Menschen haben daran dauerhaft Freude. Selten ist diese Menschengruppe ausreichend groß für eine sinnvolle Weidefleisch-Vermarktung.

Was wäre nach den Wannen mit rohem Fleisch die nächste Sprosse auf der Leiter des Komforts? Zum Beispiel 10-kg Pakete aus fertig portionierten, abgepackten und beschrifteten Tüten, fertig für den Gefrierschrank. Dafür zahlt der Kunde gerne pro Kilo Fleisch 1 Euro mehr. Oder 3 Euro.

Der Inhalt des Produkts mag der gleiche sein, doch diese Portionierung verwandelt den Fleischberg aus einem Problem („Was soll ich mit diesem ganzen Fleisch anstellen?“) in eine Lösung. Häufig konnten wir auf diesem Weg den Erlös aus einem Tier um 1000 Euro steigern. Die Vermarktung wird einfacher, weil das Produkt mehr Menschen anspricht.

Die Arbeit des Vakuumierens übernimmt am besten der Metzger, denn er ist dafür ausgestattet, verfügt über den Raum und die Erfahrung. Einige Landwirte übernehmen diese Arbeit auch selbst zu Hause (selten zweimal). Das ist möglich, doch unterschätzen sie meist die Herausforderung. Wenige sind fähig, jedes Stück Fleisch schnell zu erkennen oder haben das für zügiges Vorankommen nötige Augenmaß.

Beim Hackfleisch lohnt sich, das Fleisch in den Tüten zu annährend quadratischen Päckchen zurechtzudrücken, damit es sich bestmöglich in den Gefrierschrank packen lässt. Niemand nimmt gerne unförmige Klumpen an.

In jedem Fall dienen auch ansprechend gestaltete Etiketten der Vermarktung. Mindestens Inhalt und Verpackungsdatum sollten gut lesbar darauf notiert sein, etwa „Rumpsteak, 2. Mai 2021“. Mehr Informationen sind hilfreich, zumal sie gleichzeitig als Werbung wirken.

In der Praxis ist wichtig: Nicht jedes Etikett haftet gut auf den oft feuchten Vakuumtüten und nicht jeder Filzstift ist in dieser Umgebung eine gute Wahl. Wer Fleisch verpacken und vakuumieren möchte, sollte die Etiketten vorbereiten. Zwanzig 500g-Packungen Hackfleisch wird es ebenso sicher geben wie Gulasch, Suppenfleisch und Braten.