Sehen wir über den Titel hinweg, dessen Urheber daneben gegriffen hat, denn er passt weder zum Inhalt noch zum Stil des Buchs: Gras dich fit! stellt Weidepflanzen und Weidefutter, Weidesysteme und Weidestrategien vor und geht dabei auf viele Details und mögliche Problemherde ein. Verhalten und Futteraufnahme der Weidetiere beachten die Autoren genauso wie die Tiergesundheit, Weidetechnik, Produktqualität und Wirtschaftlichkeit.

In diesem Sinne vertieft Gras dich fit! Grundlagen, die aus der Landwirtschaftsschule bekannt sein mögen. Die Ergebnisse aus der Weideforschung können jedem dienen, der sich ernsthaft mit Weidehaltung beschäftigt: Einsteiger finden hier guten Rat, alte Hasen können bei bislang unbekannten Problemen nachschlagen und neue Lösungen finden.

Allerdings liegt im Mittelpunkt der Betrachtung die Bergregion, in der die Autoren ihre Forschung betreiben. Als Beinahe-Ostfriese muss ich einige Details in den Informationen von Steinwidder und Starz daher meist mit Abstand betrachten und umsetzen auf die Wirklichkeit unserer regionalen Ökologie. Zum Glück verhalten sich Tiere und Pflanzen weitestgehend ähnlich.

Die Praxis ist wichtig und stets wichtiger als die Theorie. Ein Werk wie Gras dich fit! – und davon gibt es wenige – sollte dennoch im Regal jedes Weidehalters stehen. Man kann sich viel Mühe und Frust ersparen, wenn man die Erfahrungen und Daten anderer Weidehalter wenigstens als Überblick im Hinterkopf hat. In diesem Sinne ist das Buch unbezahlbar.

Mein größter Kritikpunkt: Steinwidder und Starz laden nicht zum Lesen ein. Die Worte stehen sich gegenseitig im Weg, beteiligen sich nicht an den Sätzen, fließen nicht; dem Stil fehlt jegliches Leben und die Trockenheit erregt den dringenden Durst auf ein Glas kühles Wasser. Solch eine Schreibe ist auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen nicht nötig und erschwert nur den Zugang zu den wertvollen Informationen. Hier hätte ein Lektor beherzt eingreifen müssen.

Das berührt nicht die Empfehlung: Wer es ernst meint mit der Weidehaltung, sollte seinen Horizont stets über die eigenen Flächen hinaus erweitern. Ein Austausch mit benachbarten Landwirten, welche die regionale Ökologie kennen, ist unbezahlbar. Ein Buch wie Gras dich fit! bringt allerdings Einblicke und Sichtweisen ins Bewusstsein, die im Alltag nicht auftauchen mögen. Wer des Filterns mächtig ist, wird die zusätzlichen Daten stets zu seinem Vorteil nutzen können.